Beleidigung von Arbeitskollegen auf Facebook sind "einschneidender" als Äußerungen im Privatgespräch: Sie sind für (teil-)öffentlich lesbar und können geteilt werden. Damit belasten Sie mehr als Beleidigungen in einem Gespräch. Der Arbeitgeber kann deswegen kündigen - je nach den Umständen auch ohne vorherige Abmahnung.
Ein Arbeitnehmer hatte Kollegen auf Facebook beschimpft u.a. als "Speckrollen". Weiter äußerte er sich mit "hattet ihr schlechten Sex" und "hat jemand euch ins Gehirn geschissen". Er warf den den Kollegen vor, "in den Arsch zu kriechen". und sprach von "Klugscheißer". Das sind ehrverletzende Äußerungen, die nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Allerdings handelte es sich um eine Affekttat und die Namen der Kollegen waren nicht genannt. Daher war das Arbeitsgericht Duisburg der Ansicht, eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung sei unwirksam. Arbeitsgericht Duisburg, 26.09.2012, Az.: 5 Ca 949/12
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Der Mitarbeiter eines Bundeslandes war neugierig und lebte das aus: über 850 Anfragen beim Meldeamt - nur aus Neugier. Neben einer strafrechtlichen Verurteilung zu 90 Tagessätzen verlor er nach 34 Jahren und trotz tarifvertraglichem Sonderkündigungsschutz den Arbeitsplatz.
Zum Urteil Der Arbeitnehmer verklagte den Arbeitgeber wegen Mobbings. Dabei äußerte er sich mehrfach sehr negativ über den Arbeitgeber. Schließlich rief er den Anwalt des Unternehmens an und warf diesem vor, er habe Lügen und Verleumdungen im Gerichtstermin verbreitet. Daraufhin beantragte der Arbeitgeber die Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung. Dem stimmte das Landesarbeitsgericht zu und das Bundesverfassungsgericht nahm eine dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.
Das Bundesverfassungsgericht erläuterte dazu: "Bei der Prüfung, ob eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit der Arbeitsvertragsparteien zu erwarten ist, dürfen zum Nachteil des Arbeitnehmers auch Äußerungen aus dem laufenden Gerichtsprozess berücksichtigt werden. Grundsätzlich sind allerdings auch wertende Äußerungen im Prozess durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 76, 171 <192>) und, soweit sie im Hinblick auf die konkrete Prozesssituation zur Rechtsdurchsetzung geeignet und erforderlich erscheinen, gleichzeitig durch Art. 103 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfGE 64, 135 <143 f.>). Verfahrensbeteiligte dürfen in gerichtlichen Auseinandersetzungen auch starke, eindringliche Ausdrücke und Schlagworte benutzen, um die eigene Rechtsposition zu unterstreichen (vgl. BVerfGE 76, 171 <192>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. September 2015 - 1 BvR 3217/14 -, juris, Rn. 16). Diese Maßgaben sind gerade dann zu beachten, wenn ein Anspruch wegen Mobbings geltend gemacht wird, da Beschäftigte in diesem Zusammenhang unerlaubte Handlungen des Arbeitgebers darlegen und beweisen müssen (vgl. BAG, Urteil vom 14. November 2013 - 8 AZR 813/12 -, juris, Rn. 11), sich also zwangsläufig negativ über den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder auch Kolleginnen und Kollegen äußern." Allerdings stützte das Landesarbeitsgericht die Entscheidung auf zahlreiche Vorgänge - nicht nur auf das Telefonat - und kam zu dem Ergebnis, es bestehe eine "verfestigte negative Einstellung des Beschwerdeführers zu seiner Arbeitgeberin, seinen Vorgesetzten und seinen Kollegen". FAZIT für Mobbingopfer: Harter aber sachlicher Vortrag im Verfahren (Schriftsätze, Auftreten vor Gericht) ist zulässig. Unbewiesene Vorwürfe (Verleumdung) und Beschimpfungen sind auf jeden Fall zu meiden. Überlassen Sie das Reden und Schreiben Ihrem Anwalt. Denn:
Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 08.11.2016 - 1 BvR 988/15 Bei Massenentlassungen haben Arbeitnehmer besonderen Schutz gem. § 17 Abs. 1 S. 1 KSchG. Allerdings werden bei der Berechnung, ob eine Massenentlassung vorliegt, nur Kündigungen innerhalb von 30 Tagen berücksichtigt. Bei Frauen in Elternzeit ist vor der Kündigung eine Zustimmung der zuständigen Stelle erforderlich, § 18 Abs. 1 BEEG. Die Kündigung einer Mutter erfolgte deswegen außerhalb der 30 Tagefrist. Es handelt sich um eine faktische Diskriminierung wegen des Geschlechts, da Frauen wesentlich häufiger Elternzeit nehmen als Männer. Es handelt sich damit um eine neutrale Vorschrift, die zur Benachteiligung wegen des Geschlechts führt (mittelbare Geschlechtsdiskriminierung). Daher ist § 17 KSchG auch auf derartige Fälle anwendbar, unabhängig von der 30 Tagefrist. Die bisherige gegenteilige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wurde damit aufgehoben.
Dadurch müssen auch diese Kündigungen der Agentur für Arbeit angezeigt werden und vor allem sind die Mütter bei den in der Regel erforderlichen Sozialplänen zu berücksichtigen. Zum Urteil: http://www.bundesverfassungsgericht.de/…/rk20160608_1bvr363… Gesetze: Kündigungsschutzgesetz (KSchG) § 17 Anzeigepflicht (1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er 1. in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer, 2. in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer, 3. in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden. (2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über 1. die Gründe für die geplanten Entlassungen, 2. die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, 3. die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, 4. den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, 5. die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer, 6. die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien. Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern. (3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten. (3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat. (4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet. (5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht 1. in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, 2. in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen, 3. Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind. Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz § 18 Kündigungsschutz (1) 1Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist, nicht kündigen. 2Der Kündigungsschutz nach Satz 1 beginnt 1. frühestens acht Wochen vor Beginn einer Elternzeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes und 2. frühestens 14 Wochen vor Beginn einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes. 3Während der Elternzeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen. 4In besonderen Fällen kann ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklärt werden. 5Die Zulässigkeitserklärung erfolgt durch die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. 6Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Satzes 4 erlassen. (2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen 1. während der Elternzeit bei demselben Arbeitgeber Teilzeitarbeit leisten oder 2. ohne Elternzeit in Anspruch zu nehmen, Teilzeitarbeit leisten und Anspruch auf Elterngeld nach § 1 während des Zeitraums nach § 4 Absatz 1 Satz 1 und 3 haben. Gesetzesänderung: Kündigungen ohne Anhörung der Schwerbehindertenvertretung sind unwirksam. Gesetzesänderung zum 01.01.2017, § 95 Abs. 2 S. 3 SGB IX.
Bislang war die Kündigung auch ohne Anhörung der Schwerbehindertenvertretung möglich. Verdeckte Videoüberwachung: Verwertungsverbot bei "Zufallsfunden" wegen Datenschutzes möglich.
Der Schutzzweck der bei der Informationsgewinnung verletzten Norm kann einer gerichtlichen Verwertung unstreitigen Sachvortrags entgegenstehen. Denn der Betroffene unterliegt der Wahrheitspflicht. Daher darf er zutreffende aber unrechtmäßig erlangte Behauptungen nicht betreiten. Die Gerichte sind an die Grundrechte gebunden (zB informationelle Selbstbestimmung). Daher kann ein Verwertungsverbot bestehen - auch wenn sich der Betroffene darauf nicht beruft. Ausnahme: Betroffener hat auf die Geltendmachung der Rechtsverletzung wirksam verzichtet. Feststellung einer Straftat durch verdeckte Videoaufzeichnung: Das Interesse des Arbeitgebers überwiegt das Interesse des Arbeitnehmers am Schutz seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wenn: - konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht - weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind und so die verdeckte Videoüberwachung praktisch das einzig verbleibende Mittel ist - und die Überwachung nicht insgesamt unverhältnismäßig ist BAG, 22.9.2016, Az.: 2 AZR 848/15, Rn. 25 ff Entscheidung zum Datenschutz und Verwertungsverbot: Wird der Datenschutz mißachtet, darf der Arbeitgeber die entsprechenden Daten bei Kündigung nicht verwenden.
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