Der Arbeitnehmer verklagte den Arbeitgeber wegen Mobbings. Dabei äußerte er sich mehrfach sehr negativ über den Arbeitgeber. Schließlich rief er den Anwalt des Unternehmens an und warf diesem vor, er habe Lügen und Verleumdungen im Gerichtstermin verbreitet. Daraufhin beantragte der Arbeitgeber die Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung. Dem stimmte das Landesarbeitsgericht zu und das Bundesverfassungsgericht nahm eine dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.
Das Bundesverfassungsgericht erläuterte dazu: "Bei der Prüfung, ob eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit der Arbeitsvertragsparteien zu erwarten ist, dürfen zum Nachteil des Arbeitnehmers auch Äußerungen aus dem laufenden Gerichtsprozess berücksichtigt werden. Grundsätzlich sind allerdings auch wertende Äußerungen im Prozess durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 76, 171 <192>) und, soweit sie im Hinblick auf die konkrete Prozesssituation zur Rechtsdurchsetzung geeignet und erforderlich erscheinen, gleichzeitig durch Art. 103 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfGE 64, 135 <143 f.>). Verfahrensbeteiligte dürfen in gerichtlichen Auseinandersetzungen auch starke, eindringliche Ausdrücke und Schlagworte benutzen, um die eigene Rechtsposition zu unterstreichen (vgl. BVerfGE 76, 171 <192>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. September 2015 - 1 BvR 3217/14 -, juris, Rn. 16). Diese Maßgaben sind gerade dann zu beachten, wenn ein Anspruch wegen Mobbings geltend gemacht wird, da Beschäftigte in diesem Zusammenhang unerlaubte Handlungen des Arbeitgebers darlegen und beweisen müssen (vgl. BAG, Urteil vom 14. November 2013 - 8 AZR 813/12 -, juris, Rn. 11), sich also zwangsläufig negativ über den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder auch Kolleginnen und Kollegen äußern." Allerdings stützte das Landesarbeitsgericht die Entscheidung auf zahlreiche Vorgänge - nicht nur auf das Telefonat - und kam zu dem Ergebnis, es bestehe eine "verfestigte negative Einstellung des Beschwerdeführers zu seiner Arbeitgeberin, seinen Vorgesetzten und seinen Kollegen". FAZIT für Mobbingopfer: Harter aber sachlicher Vortrag im Verfahren (Schriftsätze, Auftreten vor Gericht) ist zulässig. Unbewiesene Vorwürfe (Verleumdung) und Beschimpfungen sind auf jeden Fall zu meiden. Überlassen Sie das Reden und Schreiben Ihrem Anwalt. Denn:
Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 08.11.2016 - 1 BvR 988/15
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Bitte Vorsicht bei den Vorschlägen zu Eigenkündigung oder "Gegenmobbing". Nach Eigenkündigung droht Arbeitslosigkeit. Außerdem ist es nach meiner Erfahrung wesentlich schwieriger einen finanziellen Ausgleich durchzusetzen. Weniger weil dies die juristische Bewertung ändert, sondern weil ein Vergleich schwieriger wird (Arbeitgeber zahlt, um unliebsame Arbeitnehmer loszuwerden). Stellungnahme Prof. Dr. Alenfelder:
"Vor Gericht bestreitet der Vorgesetzte später, dass er Frau Kunz wegen ihres Alters loswerden wollte. Aber er sagt, dass er den Kunden "ein junges Gesicht präsentieren möchte". Professor Klaus Michael Alenfelder, der Anwalt von Frau Kunz, sieht den Tatbestand von Mobbing und Altersdiskriminierung erfüllt. Schließlich endet der Prozess mit einem Vergleich, der Arbeitgeber zahlt 200.000 Euro, und Frau Kunz steigt aus der Firma aus. "Aber von rund einer Million Mobbingfälle pro Jahr in Deutschland klagt nur ein kleiner Bruchteil. Und davon geht auch nur ein geringer Anteil günstig für den Kläger aus", sagt Alenfelder, der als Fachanwalt für Arbeitsrecht in Bonn arbeitet und bundesweit Mobbing- und Diskriminierungsverfahren betreut. Denn Gemobbte sollten eine ganze Reihe von Verhaltensregeln beachten, um sich erfolgreich zu wehren: 1. Mobbing erkennen ... 2. Klären, ob die Vorgesetzten beteiligt sind ... 3. Kurze Fristen beachten ... 4. Den richtigen Anwalt finden ... 5. Weitere externe Hilfe suchen ... 6. Beweise und Zeugen sicherstellen ... 7. Versuchen, ausgeglichen zu bleiben ... Apotheken-Umschau, 23.11.2015 Apotheken-Umschau, 18.12.2015
Stellungnahme von Prof. Dr. Alenfelder "Allerdings steckt in Deutschland die Rechtsprechung zu Straining noch in den Kinderschuhen. Und es gibt nur wenige Anwälte, die sich mit der Materie ausgiebig befassen. "Es gibt in Deutschland bisher keine Tradition effizienter Rechtsprechung bei Mobbing", kritisiert Professor Klaus Michael Alenfelder, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Bonn. Der Begriff Straining sei noch weitgehend unbekannt. In manchen anderen Ländern ist die Justiz schon deutlich stärker sensibilisiert, zum Beispiel in Italien. ... Möchte ein Straining-Opfer hierzulande auf Schadensersatz klagen, muss der Rechtsanwalt eine besonders schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes nachweisen. Das kann schwierig sein, weil nur eine einzige Maßnahme das Leid ausgelöst hat und diese Maßnahme auch keinen Straftatbestand erfüllt. "Deshalb muss der Rechtsanwalt überzeugend darlegen, dass es weitreichende, täglich andauernde Folgen gibt, die den Betroffenen außerordentlich belasten", sagt Alenfelder, der bundesweit Mobbing- und Diskriminierungsverfahren betreut. ... Alenfelder berichtet von einem Strainingfall durch verordnete Untätigkeit, bei dem er erfolgreich eine finanzielle Entschädigung erstritt: Als einem leitenden Manager eine ehemalige Konkurrentin vor die Nase gesetzt wurde, entzog sie ihm sofort die Projektleitung mit 200 Mitarbeitern. Angebliche Fehler und schlechte Leistung konnten dem Manager aber nie nachgewiesen werden. Drei Jahre lang wurde er zum Nichtstun verdonnert. Dafür erhielt er am Ende gut 300.000 Euro. In einem anderen Verfahren schloss Alenfelder für ein Mobbing- und Diskriminierungsopfer einen Vergleich mit einem Gesamtwert von über 500.000 Euro." |
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